4 Tage nördliches Niederösterreich, solo, unsupported

Nach meiner Knie Op im Mai 2021 war ich ziemlich verzweifelt und unsicher ob ich je wieder radfahren werde können. Mit viel Willenskraft, Leidenschaft und vor allem regelmäßiger Physiotherapie habe ich das Rennradfahren wieder neu aufgebaut. Die harten Rennen gehören allerdings der Vergangenheit an. Für mich stehen ab jetzt das Abenteuer, die mentale Herausforderung und die Ausdauer im Mittelpunkt. Und so habe ich mich für meine erste Solo unsupported Rennrad Tour im „Kleinen“ entschieden: das nördliche Niederösterreich. Schöne Straßen, wenig Verkehr und wenn was passiert bin ich mit der Rettung (oder meiner Mama) wieder schnell zu Hause. Die „Nummer sicher“ sozusagen:

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1. Tag
Hainburg – Dietmannsdorf (Pulkautal) 165 Km, 734 Hm 6h22mim im Sattel

Weggefahren von zu Hause Richtung Norden bei schönem Wetter. In Marchegg über die neue Radbrücke in die Slowakei auf den Iron Curtain Trail. Ja, genau so war es dann auch. Nicht gerade rennradtauglich, den ganzen Vormittag Nieselregen und Schotterpisten mit Lacken/ Schlaglöchern, umgestürzten Bäumen. Mein Open hat brav durchgehalten und die SRAM Etap hat sich mit viel Sand und Dreck noch halbwegs schalten lassen. Ich war nach den ersten 60 Kilometern schon ziemlich verzweifelt und wusste nicht ob mein Rad und ich noch 100 Km so durchhalten würden. In Hohenau bin ich zurück nach Österreich gefahren – endlich wieder schöne Straßen. Aber die Schaltung ruckelt. Erstmal lieber wenig schalten… Nachdem der Nieselregen nachgelassen hat musste ich improvisieren: ein abgelegener Friedhof kam mir gerade recht – was für ein Glück. Eine Wasserleitung mit großem Becken in dem ich mein Open vom größten Dreck befreit habe. Danach ging es ganz gut dahin, die Schaltung quietschte ob der nicht mehr vorhandenen Schmierung aber die Scheibenbremsen klapperten und quietschten zumindest nicht mehr.

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Gegessen hatte ich in Hohenau (Mamas Marillenkuchen fuhr mit) und die nächste kurze Rast war in Laa an der Thaya. Ich hatte für diesen Tag zuwenig Essen mitgenommen, klassisch unterschätzt. Irgendwann am Nachmittag bin ich in meiner Unterkunft angekommen. Und der Hausherr hat mir erklärt, dass es heut nix mehr zum Essen gibt, aber wenn ich wieder 4 Km zurückradle hat ein Heurigen offen – na hurra. Nochmal auffe aufs Radl. Am Abend in Unterkunft habe ich – wie in den folgenden Tagen auch – mein Radgewand mit Shampoo im Waschbecken gewaschen. Immerhin muss man genau überlegen wie viel (unnötige) Wäsch man mitschleppt.

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2. Tag
Dietmannsdorf – Jagenbach 148 Km, 1790 Hm, 5h46min im Sattel

Nach einer guten Nacht und dem wirklich argen Vormittagstief von gestern (Tag 1 war gleich mal a Kas) bin ich gut entlang der tschechischen Grenze im Waldviertel dahingerollt. Ein wunderschöner sonnniger, nicht zu heißer Tag mit den Hügerln im Waldviertel halt. Ich liebe das nördliche Waldviertel und dieser Tag war am einfachsten. Die Unterkunft nach 148 Km in Jagenbach war allerdings grenzwertig. Nette Wirtsleut, aber seit den 80ern hat sich dort weder das Interieur noch die Kochkünste (Maggi, Aro Marmeladen im Plastiktegerl) ) verändert. Aber ich weiß jetzt, dass die Tochter voraussichtlich die aufgenommenen Schulden abbezahlen wird können wenn das Gasthaus weiter läuft. Naja, ich wollte ja eine Radtour mit Erlebnissen und bis jetzt wurde ich nicht enttäuscht. Vor allem die menschliche Nähe ist mir bekanntermaßen ja ein Bedürfnis.

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3. Tag
Jagenbach – Bärnkopf – Mautern 150Km, 1676Hm, 6h14min im Sattel

Um 4 Uhr war ich munter und konnte nicht mehr schlafen. Endlich Frühstück: Ostereier, Käsesemmel, besagte Marmeladen, durchsichtiger Kaffee.

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Dieser Tag begann schwer und wurde schwieriger. In Zwettel beim Supermarkt Zwischenstopp gemacht. Dafür 2x den blöden Anstieg in Kauf genommen: nachdem ich bei Tag 2 den Fehler gemacht habe die Tour zwischen zu kleinen Dörfern ohne Supermärkte (Tankstellen sind mittlerweile auch unbemannt) zu planen, dachte ich mir, das passiert mir nicht nochmal. Und dann ging es mit vollgestopften Taschen über jeden giftigen Anstieg den diese Gegend zu bieten hatte. Unbedingt wollte ich auf den Bärnkopf – mega Umweg, aber es musste sein. Und das war dann ein Traum. So viel Wald, Natur, Ruhe. Das Knie habe ich immer so gespürt, dass ich durch Trittfrequenz- und Geschwindigkeitsänderung und Ziehen/ Drücken keine ernsthaften Schmerzen hatte. Am Popo allerdings schon. Das wird einfach jeden Tag schlimmer, da kannst nix machen.

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Übern Bärnkopf kurz in Oberösterreich/ Strudengau gewesen und die schönsten Gegenden (und Hügeln) erlebt und erklommen. Dann, endlich Spitz an der Donau, es wird flach. Aber die Radwege neben der Donau sind ein Graus. Wurzeln (noch mehr Popo Aua), Schotter, mega zach. Mit einem kurzfristig 35er Schnitt bin ich illegal auf der vielbefahrenen Donauuferstraße gefahren um Kilometer zu machen.

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Ziel: Baumgarten bei Mautern. Ja liegt doch mein Quartier am Ende eines netten Anstieges, welch Freude. Immerhin hat mir die Dame des Hause am Telefon vorher gesagt, dass es nix zu Essen gibt und ich war in Mautern noch beim Spar: Paprika, Käse, Topfen, Paradeiser. Uff, seit Tagen das Selbe und keine warme Mahlzeit. Schönes Quartier, gut geschlafen.

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4. Tag
Mautern – Wien – Hainburg 132Km, 122Hm, 4h45min im Sattel

Frisch aufs Radl, aber die eeewig langen Kilometer neben der Donau sind eine mentale Challenge – wo sind ein paar abwechslungsreiche Hügel ;-)? Von Tulln bis zur Donauinsel hab ich einen Triathleten als Pacemaker gehabt und war unendlich dankbar für diese Unterstützung. Den Rest von der Donauinsel bis Hainburg bin ich locker gefahren, aber die Sehnenplatten oberhalb der Patella beidseits waren schon voll zu. Es hätte kein Kilometer mehr sein dürfen.

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Resümee: eine wahnsinns Tour. So viele kleine Fehler gemacht und so viel gelernt. Übers Essen, Sonnencreme, Regen, Dreck. ABER: für meine erste „große“ Tour die ich komplett alleine geplant und durchgezogen hab was es ein tolles Erlebnis. Ich hatte so viel Glück, keine echten Pannen (Kette ist immer rausgesprungen von klein auf groß vorne nach dem ersten Tag im Dreck), kein Patschen, meist günstigen oder gar keinen Wind, keinen echten Hungerast, keinen Unfall oder brenzlige Situationen. Ein voller Erfolg für mich persönlich.

Ich bin überglücklich zu Hause zu sein

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Gesamt 602Km 4400Hm

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